
Ein Hoch auf die Langeweile
Zeit möglichst effizient zu nutzen, ist ein weit verbreitetes Lebensmotto. Prall gefüllte Kalender sind das Ergebnis dieser Hochleistungsstrategie. Große Freude löst es daher bei uns aus, wenn unverhofft ein Termin ausfällt. Geschenkte Zeit haben wir so zur Verfügung. Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, warum uns auch mal Nichtstun gut tut.
Sich gleich nach der Geschäftsreise mit Freunden treffen, den Theaterbesuch nutzen, um hinterher in großer Runde beim Italiener zu essen und direkt nach dem Urlaub mit einer Flasche Wein den Nachbarn „Hallo“ sagen. Bloß keinen Leerlauf zulassen, jede zeitliche Lücke will gefüllt sein. Im Bus schaut inzwischen keiner mehr gedankenverloren aus dem Fenster, stattdessen wird in ruhigen Momenten sofort das Smartphone zur Ablenkung gezückt.
Dabei könnten wir „Zeit nur für uns“ ganz prima gebrauchen. Einfach mal passiv sein zu dürfen, entlastet den Geist und macht den Kopf frei für Neues. In Phasen der Ruhe können wir regenerieren, Begegnungen, Gespräche Revue passieren und nachwirken lassen. Nicht nur Zeit konsumieren, sondern auch reflektieren, lautet die Devise. Denn sonst laufen wir Gefahr, mit dem „Overload“ an Ereignissen gar nicht mehr fertig zu werden.
Abschalten, aber richtig
Die neue Wohlfühl-Philosophie heißt „Niksen“, und bedeutet übersetzt aus dem Niederländischen „Nichtstun“. Hier geht es nicht um Effizienz und Nutzen, sondern einfach nur um Abhängen. In solchen Auszeiten wird unser Akku wieder aufgeladen. „Stilles Dasitzen, Nachdenken oder Tagträumen – wir haben es regelrecht verlernt, mit uns und unseren Gedanken allein zu sein“, so Professor Dr. Ulrich Reinhardt von der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen. Vielleicht sogar deshalb, weil das Image des Müßiggangs nicht das beste ist. Als Faulenzer möchte man schließlich nicht dastehen… „Dabei ist es zunächst eine Herausforderung, Langeweile positiv aufzuladen und sie als erholsam zu empfinden. In kleinen Pausen zwischendurch, in denen man Laptop, Smartphone und andere Ablenkung beiseite legt, spürt man recht schnell, wie angenehm Phasen des Innehaltens sind“, erklärt der Zukunftswissenschaftler. Seine Tipps zum Einstieg: „Genießen Sie den Kaffee in der Mittag mal mit Blick ins Gründe, verbringen die Wartezeit auf die U-Bahn nur mit „An-die Wand-schauen“. Aus dieser entspannten Langeweile lässt sich wirklich effektiv neue Kraft schöpfen.“
Quelle: Die Techniker | Das Magazin 2-2019