Die Reaktion eines Haller Geschäftsmannes auf die Information der Stadt von heute Vormittag möchte ich Ihnen nicht vorenthalten:
Stand: 17.03.2020, 11:00
Eine aktuelle Info der Stadt Halle (Westf.) – Herr B. Potthoff – Abteilung 2.1 Ordnung, Schule, Kultur und Sport zur Corona-Pandemie: „Eine Schließung der Geschäfte ist seitens der Stadt Halle bislang nicht geplant. Die Bundesregierung hat hier den Ländern Empfehlungen ausgesprochen. Wann eine Weisung des Landes erfolgen wird, kann ich Ihnen leider nicht sagen. Ich gehe davon aus, dass dies noch in dieser Woche passieren wird. “ Wir halten Sie weiter auf dem Laufenden.
Es folgt die Reaktion:
An die Bürger unserer Stadt
Sehr geehrte Damen und Herren.
Ihre E-Mail von soeben hat uns und mich persönlich entsetzt! Herr Potthoff hat ganz offensichtlich nicht verstanden, was die Stunde geschlagen hat. Das RKI hat heute morgen die Risikobewertung für Deutschland auf „hoch“ eingestuft. Ich fordere Sie alle persönlich auf, nicht mehr irgendwelchen dienstverpflichteten Beamten zu folgen, sondern den Appellen und Anordnungen der WHO, des RKI und der Bundesregierung zu beachten und nach bestem Wissen und Gewissen durchzuführen. Es geht hier nicht mehr um die Einhaltung der Dienstwege, die hier von einigen wenigen in unverantwortlicher Weise eingehalten werden wollen. Es geht um das Leben vieler tausend Mitbürger und Mitbürgerinnen sowie um den Erhalt unserer Prosperität.
Der französische Staatspräsident Macron hat am Abend des 16.März 2020 einen Begriff als Umschreibung der „Corona- Situation“ gebraucht, den wir bereits eine Woche vorher formuliert haben: Wir befinden uns in einem Krieg. Am 16.03.2020 hat unsere Kanzlerin Dr. Dr. Angela Merkel den bundesweiten Shutdown in unserem Land aufgerufen.
In vielen Köpfen unser Mitmenschen ist die Corona-Krise leider noch gar nicht richtig angekommen. Die Ignoranz, welche uns bis gestern in Biergärten, Kneipen und selbst in Plenarsälen und Fernsehstudios begegnet ist, verdeutlicht die unangemessene Unbeschwertheit unserer Gesellschaft. Hamsterkäufe, blöde Witze in Chatrooms und unendlich dumme Kommentare auf Facebook & Co. unterstreichen die damit verbundene Dummheit. Unsere Gesellschaft verlangt nach Wohlstand, Freiheit und Demokratie, doch viele Mitglieder sind nicht bereit, ihren Beitrag dazu zu leisten.
In Hong Kong leben mehr als 7,5 Millionen Menschen auf engstem Raum. Hunderte Menschen müssen sich täglich in Bussen, U-Bahnen, auf Brücken (Foodways), Straßen und in Geschäften aneinander vorbei quetschen. Seit 12 Wochen kämpft der Stadtstaat gegen Corona und verzeichnet heute (Stand 17.03.2020) 158 infizierte Personen. Das bornierte Deutschland schaffte es in nur 21 Tagen (25.02.-17.03.) auf 7.272 Fälle.
In weniger als einem Monat haben wir die Quote infizierter Bürger gegenüber China bereits übertroffen. Gleichzeitig klagen wir vehement an, China habe viel zu spät Aufklärung betrieben. Was nehmen wir uns nur für ein Meinungsbild heraus? Wir müssen uns schämen!
Diese traurigen Zahlen lassen befürchten und prognostizieren, dass unser Land weitaus schlimmer von der Infektionswelle getroffen wird, als wir uns das noch heute vorstellen können. Unsere Politik und die nachrangige Administration bestehen auch nur aus Menschen, die im Rahmen ihrer Bildung, Erfahrung, Möglichkeiten und Verantwortung sicherlich „das Beste“ für unser Land unternehmen. Vor allem aber will jeder Panik vermeiden. Es bleibt aber festzustellen, dass keiner von ihnen auf ein derartiges Szenario vorbereitet war und auch in Sachen „Corona & Maßnahmen“ viele Fehler machen wird.
Die Politik verspricht beruhigend Staatshilfen und Unterstützung. Es muss uns aber klar sein, dass solche Mittel nicht endlos zur Verfügung stehen. Wir werden auch erleben, dass es Missbrauch und Verschwendung geben wird. Ja, Deutschland hat viele und vor allem stille Reserven. Der rasante Abfall des Goldkurses zeigt, dass dieser Tage viel Staats-Gold auf den Markt schwemmt. Selbst realitätsfremde Hochrechnungen und leichtfertige Prognosen ergeben, dass die Unterstützung der Wirtschaft im angedeuteten Rahmen die finanziellen Mittel unseres Landes erschöpfen werden. Bisher hat man in solchen Fällen Staatsschulden gemacht.
Doch woher soll geliehenes Geld kommen? Es darf davon ausgegangen werden, dass auch alle anderen Länder und bisherigen Kreditgeber mit ihren eigenen Lasten zu kämpfen haben.
Ob unser Europa gefährdet ist oder die Bundesligaspieler auf ihre Millionengehälter verzichten sollen, steht für uns heute nicht zur Debatte. Wir haben Mitarbeiter, die von unserer Kanzlerin gestern in die Betriebsschließung geschickt wurden und das ist richtig so. Zunächst müssen wir die gesundheitlichen Gefahren des Corona Virus unter Kontrolle bekommen und dann erst die wirtschaftlichen Auswirkungen des CoKo (Corona-Konkurs) angehen.
Zurückkommend auf die Bezeichnung Krieg erinnern wir, dass jeder Krieg nur Verlierer hervorbringt. Wir alle werden viel verlieren. Jeder Bürger wird massive wirtschaftliche Einschnitte in seinem bisherigen Leben hinnehmen müssen. Je früher wir das alle begreifen und danach handeln, desto erträglicher wird es für unsere Volkswirtschaft im Ganzen.
Diejenigen, die „mehr“ haben, sollten bereit sein, auch auf „mehr“ zu verzichten. Diese Bereitschaft sollte zu den Grundsätzen und Tugenden unserer sozialen Kompetenz zählen. Auch die Gesellschafter […] haben sich entschlossen, ihren Beitrag zu leisten und mindestens für die Monate März und April einen Gehaltsverzicht dem Unternehmen erklärt. […] Das wird sich zwangsläufig auch auf unsere Händler und Wiederverkäufer auswirken. Wie weit und verheerend diese Kette gehen wird, macht uns wirklich Sorgen.
Die Prosperität, der Wohlstand in unserem Land ist in akuter Gefahr!
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